ANZEIGE

100 Meter tiefe Seen unter Gletscher entdeckt

58
Echolot fürs Eis: Dieses Spezialfahrzeug sendet seismische Wellen durch den Gletscher, und erfasst so die Struktur des Untergrundes. Bild: Olaf Eisen
Echolot fürs Eis: Dieses Spezialfahrzeug sendet seismische Wellen durch den Gletscher, und erfasst so die Struktur des Untergrundes. Bild: Olaf Eisen

Ein Forschungsteam hat tiefe Seen, felsige Berge und auch glattes Terrain unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis entdeckt – dem breiteste Gletscher der Erde, der halb so groß wie Deutschland und über 1000 Meter mächtig ist.

Das Team nutzte seismische Verfahren, um zum ersten Mal das Bett unter diesem abgelegenen Gletscher zu vermessen. Damit können sie neue Einblicke in die Zukunft des riesigen Gletschers gewinnen.

Form und Eigenschaften des Untergrunds des antarktischen Thwaites-Gletschers beeinflussen, wie schnell sich der Gletscher zurückziehen und zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen wird. Daher untersucht die „International Thwaites Glacier Collaboration“ (ITGC) diesen sich schnell verändernden Gletscher, dessen Eisverlust den globalen Meeresspiegel erheblich beeinflussen könnte. Er ist bereits für etwa vier Prozent des globalen Meeresspiegelanstiegs verantwortlich – ein Betrag, der sich seit Mitte der 1990er Jahre mehr als verdoppelt hat. Die ITGC wird von Großbritannien und den USA geleitet, das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) bringt als assoziierter Partner seine besonderen Technologien und seine Expertise ein.

Gletscher ist extrem abgelegen

Die Forschungsgebiete auf dem Gletscher sind mehr als 1.600 Kilometer von der Rothera Station des British Antarctic Survey (BAS) und der McMurdo Station des US Antarctic Program (USAP) entfernt. Um die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie das unterstützende Personal zu den Feldstandorten zu bringen, müssen Menschen und Ausrüstung über mehrere Camps als Aufenthaltsorte und Überland-Traversen des BAS, von speziellen Raupenfahrzeugen gezogen, und transportiert werden. Außerdem kommen verschiedene Flugzeugtypen zum Einsatz, um die Teams auf den Gletscher zu bringen.

Während zweier Feldkampagnen, 2022-23 und 2023-24, führte das AWI-Forschungsteam die erste großflächige seismische Erkundung eines Eisstroms überhaupt durch. Sie sammelten Hunderte von Kilometern seismischer Daten, die die Eigenschaften des Untergrunds sowohl entlang als auch quer zum Fließen durch das Gletscherbett unter dem Thwaites zeigen. Dafür stellten sie eine seismische Vibrationsquelle auf, eine Rüttelplatte, die auf die Schneeoberfläche gedrückt und in Bewegung versetzt wird. Dadurch werden seismische Wellen erzeugt, die 200 Meter tief in das Bett unter dem Gletscher eindringen können, nachdem sie bereits zwei Kilometer Eis durchquert haben. 480 Geophone an einem 1,5 Kilometer langen Kabel zeichnen die Wellen auf, die im und unter dem Eis reflektiert werden. Das Fahrzeug war über 350 Kilometer im Einsatz und sammelte dabei kontinuierlich Daten.

Unter dem Eis: Tiefe Seen, hohe Berge, flache Ebenen

Diese erstmalige genaue Messung des Untergrundes unter dem 800 bis 1.200 Meter dicken Thwaites Gletscher zeigt eine abwechslungsreiche Landschaft: Relativ flache und glatte Regionen von einigen Kilometern Länge, in denen weiche Sedimente vorherrschen, wechseln sich ab mit Regionen mit ausgeprägterer Topographie, in denen Unebenheiten von Dutzenden bis Hunderten von Metern Höhe und hartes Grundgestein das Fließen des Eises behindern. Außerdem fand das Team mehr als 100 Meter tiefe Seen.

-Pressemitteilung Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung-

ANZEIGE
Abo Fisch&Fang